02/07/2024 0 Kommentare
Zu einer lebendigen Hoffnung – Nachruf auf Pfr. Dr. Ulrich Kappes
Zu einer lebendigen Hoffnung – Nachruf auf Pfr. Dr. Ulrich Kappes
# Aktuelles
Zu einer lebendigen Hoffnung – Nachruf auf Pfr. Dr. Ulrich Kappes
Am Sonntag Quasimodogeniti, d. 11.4.2021, ist Pfarrer Dr. Ulrich Kappes im Alter von 76 Jahren verstorben. Der Wochenspruch zu diesem Tage ist genommen aus dem 1.Petrusbrief 1,3: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.“
Im Mai 2009 haben wir ihn aus seinem Pfarramt in der Hoffnungskirche im „schwedischen Viertel“ in Pankow verabschiedet. Einige biographische Notizen zu diesem Anlass damals:
Ich sitze in seinem Amtszimmer und schaue mich um: In der einen Ecke ein unbequemer Ohrensessel gleich am Ende einer prall gefüllten Bücherwand. Davor ein Stehpult, gerüstet zur wachen Arbeit mit Laptop, Telefon und Kalender. Ganz oben – fast zu übersehen – eine kleine Büste von Friedrich dem Großen. Ein kleiner Tisch zum Gespräch, umstellt mit zwei Stühlen, und eine hartgepolsterte Liege – wohl für die kurze Erholung zwischendurch.
Ein Studierzimmer, ein Arbeitszimmer - Ort des theologischen Denkens, des Gespräches - der Ort, an dem Dr. Ullrich Kappes Kraft und Kreativität schöpft Gemeinde zu bauen, Mitarbeiter zu motivieren, Kirche vor Ort zu leiten.
Ein Ort, nicht erfunden, sondern gewachsen in seiner Berufung zum Dienst in der Nachfolge unseres Herrn.
Gewachsen in den jahrzehntelangen Herausforderungen seiner Biographie: Schon als Schüler in Naumburg lernte Ulrich Kappes „arbeiten bis zum Umfallen“. Als einer von zweien war er nach 3 Jahren übriggeblieben, um erfolgreich dort das Abitur abzulegen. 16 waren in seinem Jahrgang gestartet! Am Ende war er hart geprüft aber bestens ausgestattet mit fließenden Kenntnissen in Latein, Griechisch und Hebräisch seiner Berufung nachzugehen: dem Studium der Theologie. Die Aufnahme an die Universität Leipzig geschah durch Prof. Wagner. Bald wurden Ulrich Kappes Assistent bei Prof. Sommerlath, hat in seinem Hause wohnen dürfen und konnte so unmittelbar seine Vorliebe zur systematischen Theologie ausleben. Die Promotion folgte über den „Aggressionstrieb“ – den menschlichen Freiheitsbegriff bei Barth und Bultmann. (summa cum laude!) Und doch hielt es ihn aus Überzeugung, aber auch aus Berufungsgründen nicht allein bei der Wissenschaft. Ins Pfarramt strebte er und gelangte nach Groß Leuthen, Kreis Lübben. Vier Kirchen und fünf Dörfer, bauen ohne Ende und eine direkte Feedback-Kultur erlebte er, verbunden mit den Familien in den Gemeinden, herausgefordert durch manche Kirchenfeindlichkeit – 8 ½ Jahre – „eine schöne Zeit“! – wie er berichtete.
Es nahte der 1. Februar 1982. Pfarrer Dr. Kappes folgte dem Ruf in die Hoffnungs-Kirchengemeinde. Einer von vier Kollegen war er damals. Gemeindespaltung drohte. Die Kirche war eine Ruine. Hunderte von Vögeln nisteten dort, alles verwahrlost, Rost, Pilz, Schimmel.
Für das ständige Gespräch mit Arbeitern, Architekten, Ingenieuren tauschte Dr. Kappes gern mal Schlips und Anzug gegen Jeans und handwerklich gezeichnetes Hemd. Bis zu seinem Ruhestand hat er 27 Jahre angepackt, Schritt für Schritt Leute begeistert für den Wiederaufbau dieser wunderbaren Kirche, die Stadträtin gewonnen für staatliche Zuschüsse – mit 40.000 Markt fing es an, am Ende waren es über eine halbe Million! Ein bisschen „Glück“ räume er ein, wenn er bemerkte, dass Honecker Jugendstil liebte und also alle Jugendstil liebten und so die Förderungen zur Ausmalung der Kirche flossen. Gedacht war die Einweihung der Orgel durch Bischof Huber 2007 als Abschluss dieser Arbeiten. Doch – oh Schreck – die schnell gedachte Auffrischung der Sakristei brachte neue Jugendstilornamente auch dort zum Vorschein. Das sollte noch angepackt werden bis zum Tage seiner Entpflichtung in „seiner“, in der Hoffnungskirche in Berlin-Pankow.
Pfarrer Dr. Kappes im Gottesdienst: Die Predigt naht. In seiner Hand allein ein DIN A5 Blatt in einer Plastiktasche, auf dem der Bibelabschnitt für die Predigt zu lesen war. Es folgte bald eine frei vorgetragene Predigt, anspruchsvoll, klar, charakterisiert durch Lehrreiches und Erbauliches, druckreif vorgetragen – ja, tatsächlich, denn jede seiner Predigten können Gemeindeglieder nach dem Gottesdienst in gedruckter Form mitnehmen. Jedes Mal etwas Besonderes, nicht einfach mal nur ein „Sonntagsdienst“, sondern immer ein liebevoll gestalteter Gottesdienst in Musik, Wort, Sakrament und Gebet, gelebte Liturgie mit der Gemeinde. Wunderbar!
Pfarrer Dr. Kappes will die Gemeinde theologisch sprachfähig machen, niveauvolle Glaubenskurse anbieten, die zu vielen Erwachsenentaufen in der Gemeinde geführt haben. Begegnungen in der Gemeinde pflegte er täglich, konzentrierte Gespräche, auch zugleich die Herzlichkeit mit kleinen Aufmerksamkeiten – einem Blümchen, einem Engelchen ... – immer wieder denen dankend, die diese Gemeinde mit ihren Gaben und Möglichkeiten aufbauen helfen.
Wir denken voller Dankbarkeit an unseren Bruder im Herrn, Dr. Ulrich Kappes. Wir denken an ihn als Mensch und an sein unermüdliches Wirken auch über den Eintritt in den Ruhestand hinaus in unserer Kirche. Unser Beileid teilen wir mit der Familie, „…wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten…“.
Superintendent Martin Kirchner
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