Glaubensimpuls zum Monatsspruch Juli

Glaubensimpuls zum Monatsspruch Juli

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# Glaubensimpuls

Glaubensimpuls zum Monatsspruch Juli

„Liebt eure Feine und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet.“ (Mt 5, 44-45),

sagt Jesus – und das heißt zunächst: So ist es – es ist einfach so. Feindschaft ist eine Realität im Leben von Menschen. Das kann Angst machen und infrage stellen. Jesus fragt nicht: Wie konnte es dazu kommen, dass du Feinde hast oder feindlich gesinnt bist? Er geht einfach davon aus: Da sind Feinde, da ist Feindschaft auch in deinem Leben. Und jeden Tag hören wir tatsächlich ja neue Nachrichten von Krieg und Feindschaft in der Welt.

Nun wird diese kurze Andacht nicht die Frage beantworten können, wie der Krieg in der Ukraine zu einem Ende kommen und wieder Frieden werden kann. Ich werde auch nicht zu sagen vermögen, was jede und jeder von uns angesichts von Unfrieden und Gewalt zu tun und zu lassen habe. Heute geht es schlicht darum, ein Wort Jesu in den Alltag hineinzulassen.

Wenn ich an Menschen denke, die für mich Feinde sind, dann habe ich alle möglichen Gefühle – zum Beispiel Angst oder Wut. Was ich jedoch nicht spüre, ist Liebe für diese Menschen. Ich wünsche ihnen nichts Gutes, sondern eher das Gegenteil. - Ich nehme an, damit stehe ich nicht allein. Manche Menschen haben die Aufforderung zur Feindesliebe deshalb als etwas verstanden, was nicht umzusetzen ist. Man kann doch schließlich nicht zu einem bestimmten Gefühl gezwungen werden! Was Jesus meint, wenn er von der Liebe zu den Feinden spricht, das ist aber gar kein freundliches, warmes Gefühl. Nicht vom Fühlen spricht er, sondern vom Handeln. Feinden Gutes tun, für sie beten, unabhängig vom Gefühl, das mutet und traut er uns zu.

Ich glaube nicht, dass aus den Worten von Jesus allgemeingültige Ratschläge für jeden und jede abzuleiten sind. Was für den einen richtig ist, geht für die andere gar nicht. Was ich jedoch glaube: Die Worte von Jesus setzen eine Gedankenübung in Gang, die einiges verändern könnte: Wie wäre es, wenn ich nicht auf das nette, warme Gefühl meinem Feind gegenüber warte, sondern stattdessen für ihn oder sie bete? Das würde bedeuten: Raus aus der verhärteten Zweierbeziehung zwischen mir und Feind in eine ganz andere Richtung. Für einen anderen bitten heißt das, was ich dem anderen an Gutem nicht selber tun kann, vor Gott zu bringen. Da kommt jemand Drittes ins Spiel. Kein Unparteiischer, – sondern einer, dessen Barmherzigkeit mir und meinem Feind gilt, der uns beiden Gutes will. Wenn Jesus zur Feindesliebe ruft, macht er erst mal keine Forderung, sondern eine Unterbrechung. Das Friedenshandeln, zu dem Jesus seine Schülerinnen und Schüler anleitet, hat seine Begründung im Wesen Gottes und nicht in der strategischen Aussicht auf Erfolg.

Und – Jesus sagt dieses Wort nicht nur zu mir. Kein „Du sollst“, sondern ein „Ihr sollt“. Das Gebot der Feindesliebe ist auch dem anderen, der anderen gegenüber gesagt. Es ist nicht nur eine Aufforderung an mich, sondern auch eine Verheißung für mich. Und so stelle ich mir vor, was ich vor Gott bringen würde, was zwischen mir und meinem Feind steht. Das Unrecht, das ich erlitten habe und den Schmerz, den ich bereitet habe. Worum würde ich Gott bitten? Was wäre ein Segen für die oder den anderen, für die Situation unserer Feindschaft?

Das ist nicht einfach, ich weiß. Ich hoffe jedoch einfach darauf, dass so etwas möglich ist, auch mir und immer wieder: Schlimmes mit Gutem zu beantworten. Feindesliebe ist nicht nur Gebot, sie leuchtet wie aus einer anderen Welt hell herüber in meine Welt. In der es einen Ausweg gibt aus dem Kreislauf der Feindschaft.

Wie gesagt, es gibt wohl keine einfache Antwort auf die Frage, wie wieder Friede werden kann angesichts der gegenwärtigen militärischen Konflikte. Für heute mag es genügen, dass wir mit der Sehnsucht nach einem Leben gemäß dem Wesen Gottes in den Alltag gehen, denn „Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm“ (1Joh 4,16).

Liebe heilt nicht. Liebe macht nicht ungeschehen. Liebe hat keine physische Chance gegen Panzer. Aber wer liebt, behält die eigene Würde. Wer liebt, macht sich Hass nicht zu eigen.

Kinder Gottes sind die, die lieben können. Das ist eine Haltung, für die wir uns entscheiden müssen.

Dafür wünsche ich uns allen Mut und Vertrauen und Zuversicht in das Leben und in Gott.

Christine Franke, Pfarrerin i. R.


Die Grafik zu diesem Beitrag wurde mithilfe von KI-Tools und Bildbearbeitungsprogrammen erstellt und bezieht sich dabei auf eine Aktion des russischen Friedensaktivisten Dmitrij Resnikow. Link zum Artikel

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