„Ich kann die Leute doch nicht anschreien!“ Tim (Name geändert) ist entsetzt. Ratlos stehenwir am obersten Ende der Feuertreppe und schauen auf die Straße. Wir sind mitten drin in den Vorbereitungen zum Deutschen Evangelischen Kirchentag. Für das Projekt ZeitRäume basteln wir an der Ewigkeit. Genauer gesagt an „Ewigkeits-Interventionen“. Aha. 

„Ewigkeit“ – dabei denke ich zuerst an eine Zeit, in der alle Zeiten aufgehoben sind. Als Christin denke ich an das Leben nach dem Tod. Aber ich denke auch an zeitlose Momente im Hier und Jetzt. Ich denke an Momente / Worte / Dinge, die nicht vom Zeitgeist abhängig sind. Dazu gehören für mich auch Sätze, die die Kraft zur Veränderung haben. Solch einen Satz hat Tim sich ausgesucht. Von einem großen Board nimmt er ihn mit auf die Feuertreppe: „Denke heute groß von dir“ (aus „Maria, der Turm“ von Pfrn. Birgit Mattausch im Blog #spiritus bei evangelisch.de). Starke Worte. Voller Mut. Voller Zuspruch. Worte, die einen Menschen verändern können. Doch wie spricht man sie? Laut und provokant? Leise und zurückhaltend? Sind sie Parole? Aufforderung? Befehl? 

Ich denke an den Engel, der bei Maria auftauchte und ihr sagte, sie sei schwanger. Mit Sicherheit hat er diese Neuigkeit nicht vom obersten Ende der Feuertreppe gebrüllt. Ich stelle mir vor, dass er vielmehr seine staubigen Schuhe hinter der Türschwelle stehen ließ, sich an den Küchentisch setze, ein Glas Wasser annahm und vielleicht gedankenversunken ein paar Krümel vom Tisch fegte. Vielleicht brauchte es dann nur noch einen Augenblick: „Fürchte dich nicht!“.

„Denke heute groß von dir!“ Tim und ich müssen vom obersten Ende der Feuertreppe runter. Vielleicht gehört der Satz mit Kreide auf den Asphalt gesprüht. Dann ist nach jedem Regen Platz für neue Worte. Vielleicht gehört der Satz auch auf ein T-Shirt gedruckt. Dann wird eine Person ihn eng auf der Haut liegend tragen. Vielleicht braucht es auch den / die eine*n Mutige*n, die / der sich in die Fußgängerzone stellt und ihn 5min lang freundlich in Endlosschleife wiedergibt. Vielleicht brauchen Ewigkeits-Interventionen aber auch etwas ganz Anderes. 

Tim ist auf alle Fälle noch nicht fertig mit seinen Überlegungen. Irgendwie wird er seine Intervention in Nürnberg kundtun. Stellvertretend für ihn tue ich es heute, hier, auf die Weise, wie sich Ewigkeits-Interventionen auf Webseiten ihren Platz bahnen : „Denke heute groß von dir! Du bist es wert. Amen.“

Tina Rupprecht (Kreisjugendpfarrerin)

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