30/12/2024 0 Kommentare
Glaubensimpuls zur Jahreslosung 2025
Glaubensimpuls zur Jahreslosung 2025
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Glaubensimpuls zur Jahreslosung 2025
Aufräumen mit Marie Kondo“, so heißt die Netflixserie, mit der die japanische Aufräumexpertin Marie Kondo vor ein paar Jahren bekannt geworden ist. Kondo (deren Name an das japanische Wort für „ausmisten“ angelehnt ist) hilft in dieser Sendung Menschen dabei, ihre Wohnungen und – so ihr Anspruch – gleichzeitig auch ihr Leben zu entrümpeln. Ihr entscheidendes Kriterium fürs Aufräumen ist dabei die Frage: „Does it spark joy?“ oder zu Deutsch: Macht es mich glücklich, wenn ich diesen Gegenstand in die Hand nehme? Auch die Jahreslosung aus dem Brief des Paulus an die Gemeinde in Thessaloniki klingt nach einem solchen Aufräum-Tipp: Prüft alles und behaltet das Gute! Mehr noch als bei Kondo geht es bei Paulus aber nicht allein um die äußerliche Ordnung, sondern um das ganze Leben. Es ist ein Prüfauftrag, den er einer seiner Lieblingsgemeinden mit auf den Weg gibt. Eine praktische Lebensweisheit für bewegte Zeiten. Analog zu Marie Kondo, die zu Beginn ihrer Aufräum-Aktionen alles auf einen großen Haufen in die Mitte schmeißt, gehört auch zum Prüfauftrag des Paulus die Sicht auf das Ganze. „Alles“ soll geprüft werden – und zwar mit Dankbarkeit. Denn bei Paulus steht nicht das Wegschmeißen im Vordergrund, sondern ihm geht es um das gute Miteinander der Menschen untereinander und in der Gemeinde. Deshalb soll eben nicht alles gleich aussortiert werden, was nicht ins Schema passt, sondern alles soll gewürdigt werden. Gleichzeitig weiß Paulus, dass wir oft genug vor Entscheidungen stehen, bei denen man sich für das eine zugunsten des anderen entscheiden muss. Und dann hilft es nichts, dann muss auch mal etwas aussortiert werden, damit es gut wird. Dieser Gedanke, der lässt sich sowohl auf das persönliche Leben anwenden wie auch auf viele Veränderungsprozesse, in denen wir als Gesellschaft und als Kirche stecken.
Auf der individuellen Ebene erlebe ich es als erleichternd, mir bei Entscheidungen zwischen zwei guten Optionen klarzumachen, dass es die Entscheidung gegen die eine Option braucht, damit die andere überhaupt Realität werden kann. Ein Leben allein in der Welt der Möglichkeiten ist eben noch kein Leben, sondern bleibt ein Traum mit ablaufendem Haltbarkeitsdatum. Auch rund um die Entstehung der neuen Kirchengemeinde am Gesundbrunnen findet der paulinische Prüfauftrag schon seit geraumer Zeit Anwendung. In den letzten Monaten haben die Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen, die die Leitungsverantwortung tragen, ganz viel geprüft. Wer drei unterschiedliche Gemeinde-Systeme miteinander verbinden will, steht häufig vor der Entscheidung zwischen verschiedenen bewährten Optionen. Da ist es dann manchmal gar nicht so leicht abzuwägen, was „das Gute“ ist. Gerade vor diesem Hintergrund hat die Jahreslosung für mich auch etwas Entlastendes, denn sie kippt weder in die eine noch die andere Richtung. Weder empfiehlt Paulus: Alles muss neu werden. Noch schreibt er: Alles muss so bleiben wie es ist. Sondern es geht darum gemeinsam und mit Gottes Hilfe nach den richtigen Wegen zu suchen. Und zwar nach Wegen, die das Eigentliche nicht aus dem Blick verlieren. Etwa das höchste und größte Gebot, das Jesus uns ans Herz gelegt hat: Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deinem Verstand UND Du sollst deine:n Nächste:n lieben wie dich selbst. Das kann in diesen turbulenten Zeiten, in denen wir leben, etwa bedeuten, nicht mitzumachen, wenn der Diskurs weiter verroht oder wenn Menschen ausgegrenzt werden. Nicht wegzusehen, sondern Hilfe anzubieten, wo sie gebraucht wird – und auch selbst Hilfe anzunehmen, wo sie nötig wird. Vor allem aber – und daran erinnert eben auch dieser Auftrag „Prüft alles“ – ist es wichtig, nicht immer gleich alles zu verurteilen, sondern sich um Differenzierung zu bemühen und den Glauben an das Gute nicht zu verlieren. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen für diese Adventszeit und auch für den Übergang in das neue Jahr alles Gute und vor allem genug Zeit, um mal das große Ganze zu betrachten – und das Gute zu behalten.
Ihr Pfarrerin
Johanna Hestermann
Ev. Kirchengemeinde An der Panke
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